Verbrennung
Verbrennung
Es ist abends und eigentlich hätten wir keine Patienten mehr heute. Aber das «eigentlich» hat immer halt ein «un-eigentlich». Und das heisst heute: vor der Tür steht eine wirklich schwer verbrannte Frau. Sie war im Krankenhaus – dort wurde sie mit einer Salbe mit den Worten weggeschickt: «Das ist keine schwere Verbrennung!» Sie wurde weder verbunden, noch bekam sie Antibiotika. Solche Situationen kennen wir. Es regnet stark und die Frau wird von ihrem Mann und ihrer Tochter gestützt, als sie eintritt. Sie atmet schwer und zittert. Sie hat sich heisse Suppe über den Bauch und das gesamte rechte Bein geschüttet. Sie ist schwer verbrannt und das gesamte Bein ist schon schwer entzündet, hart und dick und die Wunde ist offen. Es läuft eine eitrige Sosse runter. Ich nehme vor der Türe unsere Katze weg, damit sie nicht rumschleckt. Die Frau wirkt etwas durcheinander und sie hat Schmerzen, die Nächte nicht mehr geschlafen, wie sie sagt. Dann kommt raus, dass die Verbrennung bereits vier Tage alt ist und es ihr einfach schlechter geht. Sie hat Angst und die Tochter auch. Der Mann ist nervös und er ist dann einverstanden, im Korridor zu warten, damit er nicht umkippt in der Ambulanz. Wir versorgen die Patientin ruhig und das hilft ihr, sich ein wenig zu stabilisieren. Sie atmet ruhiger und hyperventiliert nicht mehr. Und wir hoffen, dass sie diese Nacht mit den Schmerzmitteln einigermassen schlafen kann. Vier Nächte ohne Schlaf waren einfach zu viel für sie.