Belagerung
Belagerung
Langsam wurden sie immer mehr: erst waren es drei junge Katzen, die irgendwie über Nacht einfach da waren und elend jammerten. Wir konnten sie nicht verhungern lassen. Dann ein, zwei alte Katzendamen, dann unsere «Alte», die über den Sommer verschwunden war. Und jetzt sind da im Klostergarten zwischen vier und sechs Katzen: schwarze, graue, gefleckte Vierpfötler, auch ein Tigerle. Und sie sind so ziemlich überall: sie springen in den Schritt, verheddern sich in unserem Habit, sie lagern im Kapelleneingang und vor der Haustüre. Und wenn die dann auch nur einen Spalt aufgeht, dann sind sie sehr unbemerkt beim Toni im Saal und der quietscht vor Vergnügen. Der Tiger hat nun unsere Saal- und Küchenfenster entdeckt. Dort ist die Belagerung perfekt. Die Gerüche aus der Klosterküche lassen ihn von Zeit zu Zeit ganz am Fenstergitter hochklettern. Und ab und zu schmeissen wir ihm halt auch einen Brocken raus. Es wird sich in der Katzensprache vermutlich schnell rumsprechen.
Ja und noch was: sie haben nie gefragt, ob sie reinkommen dürfen, sie haben nie gefragt, ob sie willkommen sind oder wir sie mögen. Das finden unsere Katzen einfach selbstverständ-lich, dass das so ist und so sein muss. Und ja: wenn wir ehrlich sind, würden sie uns abgehen, wenn sie auf einmal nicht mehr unseren Klostergarten belagern würden. Ich kann mir gut vorstellen, dass damals in Betlehem im Stall auch so ein paar Katzen rumgeschlichen sind.