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Sadi ruft uns

Dushe, meine Freundin in der Romasiedlung, kommt am Vormittag und möchte mich sprechen. Sie erzählt, dass Sadi schwer krank ist und nach mir verlangt. Sie sagt, er habe einen ganz furchtbar dicken Bauch und die Beine seien nun auch ganz dick. Sie sagt mir auch noch, dass er nicht mehr rauchen möchte und auch nicht mehr gut atmen kann.
Ich verstehe und weiss, wenn Sadi, der Alteisenhändler, nicht mehr raucht, dann geht es ihm wirklich schlecht. Er kommt vermutlich ins Leberversagen und ich weiss, ich muss sofort hin. Julia fährt mit und wir packen das Nötigste ein. Dann fahren wir in die Siedlung – am wieder steigenden Hochwasser des Sees vorbei. Am Hang in der Romasiedlung wartet Dushe und einige andere Roma. Sie weisen uns sofort einen guten Parkplatz zu. Und dann zieht mich Dushe die steilen Treppen zur Bruchbude von Sadi hoch. Sie hat immer Sorge, dass ich irgendwo rutsche oder stürze und seit Jahren nimmt sie mich dann am Arm und hütet mich wie ihren Augapfel. Wir verstehen uns einfach. Und dann sind wir bei Sadi. Er liegt auf dem Sofa in einem dunklen Wohnloch. Als er mich sieht, wird er sehr lebendig und möchte sofort aufsitzen.

Sein Bauch ist dick: Aszites – Bauchwassersucht. Und die Beinödeme sind auch schon ganz schön heftig. Er atmet nicht gut. Aber er lacht, er lacht und grinst, als er mich sieht und bedankt sich für unser Kommen. Er meint, er brauche eigentlich nichts mehr, er wisse schon, wohin es gehe. Aber er wollte mich einfach nochmal sehen. Dann erzählt er Julia, dass er vor 20 Jahren bei mir duschen durfte, als ich im Friedensdorf oberhalb gelebt habe. Das habe ich längst vergessen, aber er nicht. Ich frage ihn, ob er Schmerzen habe und er meint, er brauche keine Schmerzmittel, nur was zum Atmen. Er hat gewartet, dass ich komme und nun wird er ins Krankenhaus gehen, damit die ihm das Wasser «aus dem Bauch rauslassen», so meinte er. Gestern waren es einige Liter und heute ist alles wieder genauso viel neues Wasser. Ich verstehe und weiss, was das bedeutet. Dann sagt er mir fast ins Ohr, dass er schon gehen könne, er habe eh hier nichts zu knabbern». Und wieder denke ich. «Sie sind gelassen – auch beim Sterben; das Leben hat ihnen nichts geschenkt und so ist auch nichts, was zum Festhalten wäre». Und auch bei Sadi scheint es, als wäre es dann nur ein Hüpfer ins andere Leben. Wir versprechen ihm noch ein Krankenbett und das findet er gut.

12 dez 2022

 

 

 

 

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