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Das Geschenk

Bruder Jeremias bringt uns einen Viertelliter Rivanol und fragt, ob ich das brauchen kann. Und ob!

Wie eine Trophäe bringe ich die Flasche mit der voll gelben antiseptischen Flüssigkeit in die Ambulanz und verstaue sie an den besonderen Platz für besonders rare Sachen. Am liebsten würde ich das Zeug in einen Safe sperren. Solche Sachen sind immer wie eine «Sicherheit für alle Fälle»! Und dann ist das «Alle Fälle» auch schon da. Vor der Tür steht ein Mann mit einer ganz schweren Infektion am Unterschenkel: Sieht nach Rotlauf aus und auch noch nach einer Eiterung im tieferen Gewebe. Das gesamte Bein ist steinhart, hochrot und am Unterschenkel droht eine dunkle Beule fast zu platzen. Er hat Schmerzen. Ich schicke ihn sofort in die Notaufnahme, aber hier ist heute Feiertag und keiner ist da. Sie schicken ihn wieder weg und er landet wieder hier. Ich schlucke.

Wieder mal die bekannte Situation: wir sind allein – ohne Arzt. Und er muss versorgt werden, bevor er eine Blutvergiftung bekommt. Das Raster der Medikation kenne ich ja. Und dann die lokale Behandlung. Mir fällt das Rivanol ein, das ich einige Stunden vorher verstaut habe. 250 ml! In mir spielt sich auch ein bekanntes «Raster» ab: «Soll ich es für diesen Patienten rausrücken? Was ist, wenn einer kommt, der es vielleicht nötiger braucht??» Ich zögere, gucke den Patienten nachdenklich an. Und – als würde er gerade meine Gedanken lesen – guckt er mich treuherzig an. Es ist klar: «Er braucht den Rivanolumschlag. Wenn dann ein weiterer Patient kommt, dann wird mir schon was einfallen. Die Situationen wiederholen sich. Und ich denke fast «automatisch» an die Witwe von Sarepta, deren Öl im Krug nicht ausging.

Und ich nehme die Flasche Rivanol und mache den Umschlag. Die 250 ml sind verbraucht. Und ich ertappe mich dabei, wie ich die leere Flasche wieder an den Ort der Aufbewahrung zurückstelle.

 

17 dez 2022

 

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